Arbeit in der Werkstatt bedeutet nicht unbedingt Muskelpaket und schwarze Finger. Technik ist keineswegs nur etwas für Jungs. Diese Erfahrung machten 18 Mädchen bei den Schnuppertagen des Berufskollegs Erkelenz im Bereich Technik. Sie arbeiteten unter Anleitung selbstständig und nahmen am Ende der Woche ein eigenes Vorhängeschloss und eine Urkunde mit nach Hause — und das Versprechen der Werkstattlehrer, jederzeit wiederkommen zu dürfen.
Text und Fotos von GABI LAUE / RP Online
Schülerinnen der neunten Klassen aus der Ganztagshauptschule In der Schlee Hückelhoven, der Gemeinschaftshauptschule Erkelenz, der Edith-Stein-Realschule Wegberg, der Realschule Ratheim und der Betty-Reis-Gesamtschule Wassenberg zwischen 14 und 16 Jahren nutzten fünf Tage im Berufskolleg für ein tieferes Kennenlernen der Technikbereiche. In der Metallwerkstatt fertigten die Mädchen eigenhändig einen Schmuckhalter in Form eines Vorhängeschlosses. Am Anfang stand ein Arbeitsplan, in welcher Reihenfolge die Schritte zu bewältigen sind. Dann übten sich die Schülerinnen im Anreißen, Körnen, Bohren, Senken, Gewinde Schneiden, Biegen und Polieren. Die Werkstattlehrer Viktor Kail, Michael Wilms und Silke Rütten hatten die nötige Anleitung gegeben.
Etwas fürs Leben haben die Mädchen auch gelernt: Unter Anleitung des Werkstattlehrers Manfred Scholz wechselten sie Reifen an einem Fahrzeug, prüften Ölstand und Kühlmittel. Dazu verfügt das Berufskolleg über zwei äußerst edle gesponserte Karossen: einen BMW mit Rechtslenkrad, der wegen eines Hagelschadens nicht nach Australien ausgeliefert werden konnte, und einen Mercedes, beide ohne Straßenzulassung. „Die Mädchen konnten so ihr Spektrum für die anstehende Berufswahl erweitern“, sagte Bernhard Kauenberg, Abteilungsleiter Technik. „Sie erfahren, dass es mehr Möglichkeiten gibt als Friseurin oder Sekretärin. Und dass es in den gewerblich-technischen Berufen nicht nur um Muskelkraft geht — man muss auch was im Kopf haben.“ Nur vereinzelt lernen Mädchen im Berufskolleg die Berufe Zerspanungs- oder Industriemechaniker (früher hieß das Dreher und Fräser), ganz selten ist bei den Kfz-Mechatronikern eine junge Frau dabei oder bei den Anlagenmechanikern SHK (Installateure). Dabei machen die Werkstattlehrer eine gute Erfahrung: „Die Leistungen der Mädchen sind in der Regel besser als bei den Jungs.“ Das bestätigt Meister Viktor Kail: „Ihre Fertigkeiten sind präziser, sauberer.“
Am Ende sind die Mädchen begeistert, dass ihnen viel zugetraut wurde, sie selbst arbeiten konnten und nicht alles nur erklärt wurde. Und stolz sind sie, dass sie Kupfer in Bügel gebogen, eckige Schlösser rund gefeilt, Löcher gebohrt, Gewinde geschnitten haben. Als stellvertretender Schulleiter Arndt Pütz fragt, wer sich einen technischen Beruf vorstellen könnte, gehen zehn Hände hoch. Patricia Abels hat einen Plan: im Berufskolleg den Realschulabschluss als Sozialhelfer machen, dann Ausbildung zur Rettungssanitäterin. Katharina Randerath möchte Innenarchitektin werden, Melissa Pigorsch peilt das Fachabi an und will studieren. Das Berufskolleg bietet jungen Leuten entsprechende Bildungsgänge an. Über Bewerberinnen freut sich das Team der gewerblich-technischen Abteilung besonders.